5. Rangsdorfer Abend

Ein „Rangsdorfer Abend“ mit Peter Rosenow

 

Viele Besucher des 5. Rangsdorfer Abends am 1. November 2012 müssen geahnt haben, dass ihnen ein interessanter Mitbürger vorgestellt werden würde. Ihre Erwartungen wurden weit übertroffen. Peter Rosenow stellte sich im Gespräch als einstiger Rennboot-Weltmeister, Konstrukteur, LKW-Tester, Oldtimer-Spezialist und Flugzeugmotoren-Restaurator vor.

Am 19. März 1937 in Kunzendorf bei Thorn geboren durchlebte er eine karge Kindheit und Jugend, bis zu seinem achten Lebensjahr in Ostpreußen, danach in Glienke bei Neubrandenburg. Der Alltag war geprägt vom frühen Tod des Vaters in einem Lazarettzug auf dem Weg von der Front in die Heimat und dem entbehrungsreichen Leben mit der Mutter. Sie musste, umgeschult zur Hebamme, für sich und die beiden Söhne aufkommen. Peter Rosenow kam auf die Oberschule in Neubrandenburg, wo er sich, als „Bauernbengel“ verschrien, nicht wohl fühlte. Eine Lehrstelle als Werkzeugmacher in Neustrelitz lag ihm mehr. Er schloss diese Lehre 1954 mit Erfolg ab und ging als Montageschlosser zum Automobilwerk Ludwigsfelde, wo er an der Herstellung des legendären Motorrollers „Pitti“ mitarbeitete. Nebenher begann er ein Fernstudium an einer Fachhochschule in Lichtenberg, das er 1963 als Ingenieur abschloss.

In seiner Freizeit trieb Peter Rosenow viel Sport, vor allem Motorradgeländesport und Motocross. Als 1961 im MC IFA Ludwigsfelde der Motorbootrennsport Premiere hatte, waren er und sein Freund und Kollege Manfred Blumenthal gleich dabei.

Die Lehrwerkstatt seines Betriebes produzierte von 1956 bis 1965 Rennbootmotoren.

Diese Herstellung wurde später wegen der Aufnahme der LKW-Produktion eingestellt.

Für die Rennbootfahrer Peter Rosenow, Manfred Blumenthal und Klaus Driefert aber war es der Startschuss weiterzumachen. Sie stellten eigene leistungsstarke “ Iltis“-Motoren her, die dann international und in der DDR sehr erfolgreich wurden.

Rosenow1963 wurde Peter Rosenow Mitglied der Nationalmannschaft. Zwei Jahre später hatte er den ersten großen Erfolg! Auf dem Mittellandkanal stellte er in der Klasse O J bis 175 ccm einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord von 105,34 km/h auf. Von 1961 bis 1972 gewann er 40 von 95 Motorbootrennen! Neben drei DDR-Meister-Titeln und zwei Europa-Meister-Titeln erreichte er am 18./19. Juli 1970 den Höhepunkt seiner sportlichen Laufbahn: Er gewann den Weltmeister-Titel in Carjac (Südfrankreich). Der damalige französische Staatspräsident Georges Pompidou persönlich überreichte ihm die Goldmedaille und den Pokal des Weltmeisters.

Mitgetragen wurden seine Erfolge von der Familie und besonders von seiner Ehefrau, eine gelernte Finanzkauffrau. Sie beide kannten sich schon seit ihrer Lehrzeit. Sohn und Tochter waren 13 Jahre lang immer auf den „Rennplätzen“ dabei, soweit diese Orte nicht in „kapitalistischen“ Ländern lagen.

1972, im Alter von 35 Jahren, hängte Peter Rosenow „Sturzhelm und Schwimmweste“ an den Nagel, weil die DDR-Oberen die Teilnahme an internationalen Meisterschaften nicht mehr gestatteten. Zusammen mit seinem Freund Manfred Blumenthal konstruierte er stattdessen einen komfortablen Wohnwagen, um mit den Familien in den Urlaub zu fahren.

Für das Automobilwerk Ludwigsfelde arbeiteten Rosenow und Blumenthal als LKW-Tester in zahlreichen Ländern Afrikas. Abenteuerliche und manchmal lebensbedrohliche Situationen gab es zu bestehen, fern von der Heimat und mit nur spärlichem Kontakt zur Familie.

1987 machte sich Peter Rosenow in Rangsdorf selbständig und eröffnete in der Seebadallee eine Kurbelwellen-Reparatur-Werkstatt für Trabi und Wartburg. 1990 wagte er wieder einen Neustart. Er machte sein Hobby zum Beruf und stellte zusammen mit dem Kraftfahrzeugmechanikermeister Peter Spillner die Werkstatt auf Oldtimer-Restaurierung um. Der Anfang wurde mit alten aufgekauften Mercedes-Wagen gemacht. Sogar den Offizierswagen von General Rommel aus dem Zweiten Weltkrieg holte man aus Namibia und restaurierte ihn für einen englischen Sammler alter Kriegsfahrzeuge.

Die inzwischen weltweit anerkannte „Fahrzeugrestaurierungswerkstatt Rosenow“ wird heute in Glienick von Peter Spillner weitergeführt.

Peter Rosenow ging 1997 in den Ruhestand, setzte sich aber keineswegs zur Ruhe! Vielmehr wandte er sich nun dem Flugwesen zu. Zusammen mit seinem Schwiegersohn Ralf Gaida, einem aus einer Rangsdorfer Fliegerfamilie stammenden Luftfahrtenthusiasten, erwarb er 2003 eine völlig verrottete Bücker Bü 181 Bestmann. Das Flugzeug war 1944 in Schweden in Lizenz gebaut worden, fand seinen Weg in den 1950er Jahren nach Deutschland und war seit 1964 zerlegt und eingelagert. Peter Rosenow restaurierte nicht nur den anspruchsvollen Flugmotor Hirth HM 500A, teilweise mit eigens zu diesem Zweck angefertigten Werkzeugen. Auch war er für den Wiederaufbau aller Baugruppen aus Metall, wie z. B. Fahrwerk, Cockpit und Motorverkleidung verantwortlich. Sein Schwiegersohn baute die komplett aus Holz gefertigte Flugzeugzelle wieder auf.

Sechs Jahre und ca. 3000 Arbeitsstunden später war die Bücker wieder in einem tadellosen, flugfähigen Zustand. Der Roll-out des Flugzeuges auf dem historischen Gelände vor dem ehemaligen Aeroclub, der heutigen Seeschule in Rangsdorf, war eine kleine Sensation! Die bei diesem Anlass auf den Namen „Rangsdorf“ getaufte Bücker Bestmann mit dem Kennzeichen D-EKYF ist heute eine von nur zwei aktuell in Deutschland fliegenden Exemplaren und ein gern gesehener Gast auf vielen Luftfahrtveranstaltungen. So flog Ralf Gaida sie z. B. auch zur Internationalen Luftfahrt Ausstellung ILA 2012 nach Schönefeld, wo das Flugzeug als Highlight die regionale Sportfliegerei Brandenburgs präsentierte.

Außer Flugzeugmotoren baut der handwerklich geschickte Peter Rosenow heute Wohnwagen und gestaltete den Umbau seines Hauses. Beim jährlichen „Rollertreffen“ in Ludwigsfelde im August 2012 erreichte er zusammen mit seiner elfjährigen Enkelin Debby im Geschicklichkeitslauf den 1. Platz.

Bei so viel Energie und Tatendrang kann man gespannt sein, was Peter Rosenow in den nächsten Jahren noch auf den Weg bringt!

Gisela Hoffmann