MAZ/30.08.2011

THEATER: Büchner-Stück in rappelvoller Kulturscheune

„Leonce und Lena“ als Höhepunkt des Rangsdorfer Sommers

RANGSDORF – Wie der Buntspecht seinen festen Platz in der weiträumigen Brandenburger Natur, so hat sich die gleichnamige Theatergruppe aus Rangsdorf in der Kulturlandschaft der Region Teltow-Fläming etabliert. Mit der Komödie „Leonce und Lena“ von Georg Büchner (1813– 1837) bereicherte sie den diesjährigen zweiten Kultursommer im Ort um ein großartiges Erlebnis. Davon konnten sich am Freitag bei hochsommerlichen Temperaturen die Besucher der rappelvollen Kulturscheune überzeugen. Hausherr Detlef Schlüpen: „Diese Gruppe hat sich in Rangsdorf einen sehr guten Namen gemacht.“

Auch mit diesem Stück – eine wichtige klassische Komödie im deutschsprachigen Raum – realisierte Theaterregisseur Eike Mewes mit dem Ensemble und einer Instrumentalgruppe wieder ein anspruchsvolles Vorhaben. Ob bei den Salzburger Festspielen oder im Berliner Ensemble – auf vielen großen Bühnen wurde es erfolgreich inszeniert. Und forderte mit wortreicher, beißender Ironie an politischen Zuständen selbst Darsteller wie Klaus Maria Brandauer oder Nina Hoss zu großem schauspielerischen Können heraus. Die Texte entnahm Büchner, der sich hier als Spielleiter (Ralf Kosmetschke) selbst in Szene setzt, seinen Briefen und dem von ihm verfassten „Hessischen Landboten“. Die gedruckte Flugschrift stand unter dem Motto: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“

Um den tiefen Sinn dieses Stücks zu verstehen, musste sich der Besucher in die Gedankenwelt des Revolutionärs, Dichters und Wissenschaftlers versetzen. In die hatte die Öffentlichkeit mit „Dantons Tod“ über die Französische Revolution 1789 und „Woyzeck“ über Armut und soziale Unterdrückung Einblick erhalten. Jetzt offenbarte er angesichts der damaligen Zustände – Kleinstaaterei und Hohlheit des Adels – unter dem Mantel eines Lustspiels sozialkritisch-satirische Züge. Die Sprachkomik beeindruckte ebenfalls, war doch das Stück für einen Dichterwettbewerb geschrieben worden.

Die Handlung: Prinz Leonce (Fabian Frenzel) vom Mini-Königreich Popo soll die ihm unbekannte Prinzessin Lena (Anita Karle) aus dem ebenfalls kleinen Reich Pipi ehelichen. Er weigert sich, flüchtet mit seinem Diener Valerio (Andrea Klucke) nach Italien. König Peter (Hartmut Klucke) beruft eine Versammlung des Staatsrates ein, vor der er seinen Entschluss über die von ihm betriebene Heirat kundtut. Inzwischen trifft der Prinz – ausgestattet mit Weltekel, Lebensüberdruss, Desinteresse und Langeweile ausgestattet – auf seiner Reise die nichts ahnende Lena und verliebt sich in sie. Das Happy End: Aus beiden wird ein neues Herrscherpaar über stumpfsinnige Untertanen.

Büchners Abscheu gegenüber absolutistischen Machtstrukturen und seine Warnung vor „politischen Narren“, „materiellem Elend“ und „religiösem Fanatismus“ gaben an diesem Abend Anlass zum Nachdenken. „In Zeiten, in denen Dekadenz, Überdruss und bezahlter Müßiggang wenig Zukunft erwarten lassen, können Büchners Anregungen auch Erkenntnisgewinn für eine neue Hoffnung sein“, heißt es dazu im Programmheft der

Theaterwerkstatt des Kulturvereins Rangsdorf. Regisseur Mewes, der großen Wert auf Eigenproduktionen legt, zeigte sich am Schluss „sehr zufrieden“.

Weitere Auftritte sind in Trebbin, Blankenfelde, Strausberg und Berlin-Mitte vorgesehen. (Von Peter Heinze)