MAZ vom 13.07.2012

Vergessenes wiedererkannt

Spannende und vergnügliche Heimatgeschichte auf alten Rangsdorfer Fotos

RANGSDORF – Nach der großen Resonanz der letzten Veranstaltung, bei der es um alte Ortspläne und Karten der Region ging, verwunderte es kaum, dass das Themenangebot am Mittwochabend – Rangsdorf auf privaten Fotos und Postkarten – fast 50 Besucher anlockte.Das Vereinsheim der Angler am Rangsdorfer See bot dem illustren Kreis diesmal Quartier. Stefan Rothen von der Geschichtswerkstatt moderierte den langen Abend. Er begann mit der Vorführung von privatem Bildmaterial, das bereits vor zehn Jahren zusammengetragen und zu einer Filmpräsentation verarbeitet wurde. Anschließend wurden Fotos, die den Mitstreitern der Werkstatt in den letzten Jahren geschickt, geschenkt, verkauft wurden oder die sie selbst zu Haus oder in Archiven entdeckt haben, gezeigt. Auf Zelluloid gebannte Persönlichkeiten der Gemeindegeschichte schlossen sich an.

Ein umfangreicher Fundus von hunderten Bildern – quer durch alle Bereiche des Lebens, wie ihn private Fotoalben bieten – ist zusammengetragen worden. Die Arbeit der Heimatforscher besteht dabei nicht nur im Sammeln, Sortieren und Digitalisieren der Fotos. „Es stellen sich natürlich sofort Fragen nach abgebildeten Personen, Zusammenhängen, nach Ereignissen und Orten“, erklärte Rothen den wahren Aufwand.

Alte Bücher und Zeitungen werden gewälzt, Telefonate und Briefwechsel über Ländergrenzen geführt und vor allem viele Gespräche mit den noch im Ort ansässigen alten Familien, die so vieles zur Erhellung beitragen können. Einige von ihnen sieht man immer wieder bei den Veranstaltungen, manche wirken aktiv in der Werkstatt mit. Und so gab es neben dem Zauber der Vergangenheit, den die alten, mit dem Beamer an die Leinwand gebrachen Fotos verbreiteten, vor allem interessante Diskussionen unter den Anwesenden. Immer wieder ertönten erstaunte „Ahhh!“ und „Ohhh!“-Rufe, wenn jemand lange Vergessenes wieder erkannte. Schön, dass sich diesen Abenden auch junge Leute und viele Neu-Rangsdorfer zugesellen – auf authentische und angenehme Weise finden sie so einen Zugang zur Ortsgeschichte mit ihren spezifischen gesellschaftlichen und sozialen Besonderheiten. Nicht nur Rangsdorfs glänzende Zeiten als aufstrebendes Seebad für Berliner Sommerfrischler wurden gezeigt. „Mit amerikanischer Wasserrutsche und Rettungsdienst“, wie Postkarten anpriesen. Auch der Nymphensee – heute eher Angeltümpel, damals großer Badesee – oder das erste fertige Haus der geplanten Wassersportsiedlung waren zu sehen. Gruppen von artigen Konfirmanden, Vandalismus im alten Seebadcasino nach der Wende, Handballer in den 1940er Jahren, die Seebadallee noch ohne festen Straßenbelag und der legendäre Gasthof Ziedrich mit dem großen Saal wurden gezeigt.

Auch über das winzige Spritzenhaus auf dem Dorfanger diskutierte man: Die Bauern mussten reihum die Pferde anspannen, um die Feuerspritze bei Bedarf aus dem Häuschen zu ziehen. Auch der Polizist hatte darin seine Amtsstube und es gab eine Ausnüchterungszelle. „Es waren sogar zwei“, war von einem Senioren aus der ersten Reihe zu vernehmen. „Na, Du musst es ja wissen“, kam prompt die Antwort und das Lachen der Anwesenden. (Von Andrea von Fournier)